Wendung im Startup-Steuer-Drama? Tatsächlich publizierte die Zürcher Finanzdirektion heute in einer Mitteilung die auf den ersten Blick frohe Kunde, dass sie attraktivere Regeln für die Besteuerung von Startups einführe.
Initial war ich positiv überrascht. Wow, eine Regierung, die zuhört und pragmatisch zur Korrektur schreitet, wenn die Verwaltung überbordet und über Nacht eine Praxisänderung einführt. Das ist meine Schweiz, so wie ich sie kenne und liebe – dachte ich…
Bei der genaueren Betrachtung der offiziellen Zürcher Regierungskommunikation verfliegt die Freude dann aber rasch:
Das Steueramt will tatsächlich nach wie vor die Preise, die in Kapitalrunden bezahlt wurden als Basis für die Steuer-Bewertung eines Unternehmens heranziehen. Man hat noch nicht begriffen, dass diese Methodik dafür einfach nicht taugt, da eine Venture-Bewertung viele weitere Punkte beinhaltet. Als kleines Goodie wird diese Methode allerdings erst nach 3, resp. 5 Jahren angewandt. Zudem gibt man den Biotech und Medtech-Startups noch zwei Jahre mehr Zeit bevor virtuelles Vermögen besteuert wird.
Es gilt festzuhalten, dass die dreijährige Ausnahmefrist in der Praxis genau nichts bringen wird. Meist kriegt ein Startup erst im Jahr 3-6 relevante Geldmittel, die in der Regel innerhalb von 18 Monaten “verbrannt” werden um das Unternehmen möglichst rasch voranzubringen. Meist ist das Geld dann auch einfach weg – die hohe Steuerbewertung bleibt und auf dieser Basis zahlt der Startup-Aktionär dann brav jahrelang Vermögenssteuern auf virtuellem Vermögen. Wird man zukünftig erleben, dass Startups “Downrounds” inszenieren, damit die Steuerbewertung sinkt?
Die Finanzdirektion behauptet desweitern in Bezug auf die Zürcher Bewertungspraxis: “Die Behörden sind damit einer landesweit gültigen Wegleitung der Schweizerischen Steuerkonferenz gefolgt.” Mit Verlaub lieber Herr Stocker, das stimmt so nicht! Die Wegleitung der Steuerkonferenz ist sehr unpräzise und lässt den Kantonen einen grossen Interpretationsspielraum offen – so hat der Zürcher Regierungsrat kürzlich selber in einer Stellungnahme zur Anfrage Hofmann im Kantonsrat (Antwort RR 269/2015 Vertreibt der Kanton Zürich Startups?) festgestellt, dass diese Wegleitung nur in der Hälfte der Kantone angewandt wird. So wahnsinnig verbindlich kann das also nicht sein!
Fazit:
Nach der initialen Freude bleibt festzuhalten, dass die getroffene Regelung nichts anderes als eine Mogelpackung ist, bei der die Finanzdirektion versucht, das Gesicht zu wahren und gegenüber der Oeffentlichkeit und Startups gut dazustehen. Die effektiven Probleme, die mit der irrsinnigen Praxisänderung kreiert wurden bleiben zu grossen Teilen bestehen und es ist nach wie vor nicht einzusehen, warum man nicht einfach zur alten, bewährten, bis 2013 angewandten Bewertungspraxis zurückkehren kann.
2 thoughts on “Startup-Steuern: Erfolg oder Mogelpackung?”